Wein wird nicht getrunken, sondern verkostet
Mein Grossvater war ein grosser Weinliebhaber. Und er beherrschte zudem den entsprechenden Wortschatz des versierten Weinkenners. Er sprach nie von „gutem“ Wein, sondern er unterteilte in Weine zum Geniessen und in Weine zum Durstlöschen. Zudem legte er stets grossen Wert auf die korrekte Wortwahl: „Wein wird nicht getrunken, sondern verkostet“. Und wer dennoch davon sprach, Wein zu „trinken“, kam umgehend in den Genuss eines umfassenden Vortrags zum Thema Wein, den mein Grossvater als „Frucht der Arbeit des Winzers und der Weinberge“ zu bezeichnen pflegte.
Ich verfüge zwar nicht über die profunden Weinkenntnisse meines Grossvaters, aber immerhin habe ich seine Liebe zum Wein geerbt. Es bereitet mir stets grosse Freude, zu festlichen Anlässen den passenden Wein zu den Gaumenfreuden auszuwählen, die meine Frau für uns und unsere Gäste zuzubereiten versteht.
Am letzten Wochenende hat uns meine Tochter mit ihrem Freund besucht, der alles andere als ein Kostverächter ist. Meine Frau hatte saftige Kalbskoteletts in Sahnesauce auf dem Herd und ich nahm meinen Schwiegersohn in spe mit in meinen Weinkeller, um einen passenden Wein auszusuchen. Zwar musste er schmunzeln, als er in meinen Regalen Schweizer Weine entdeckte, seine Wahl fiel dann aber auf einen Wein aus den USA, der so gar nicht mit Kalb harmoniert. Schliesslich konnte ich ihn für einen Walliser Wein begeistern, einen fruchtigen, eleganten Pinot Noir, der hervorragend zu Kalb in Sahnesauce mundet. Und für welchen Wein hätten Sie sich entschieden?